Gibellina
Im Jahr 1968 zerstörte das Erdbeben des Belice-Tales Gibellina. Die Stadt wurde vollständig einige Kilometer entfernt wieder aufgebaut und es entstand somit das größte Freilichtmuseum der Welt. Zahlreiche Künstler trugen zum Wiederaufbau bei: In der Landschaft stehen Skulpturen und gewagte Architekten-Gebäude, die man beim Spazierengehen bewundern kann. Auch die Ruinen des Erdbebens wurden von Alberto Burri in ein Kunstwerk verwandelt. Sie wurden von einer enormen Betonschicht bedeckt, die Cretto genannt wird. Im Stadtmuseum zeitgenössischer Kunst kann man die Werke der bedeutendsten Künstler bewundern, die in Gibellina während des Wiederaufbaus gewirkt haben: Accardi, Consagra, Rotella, Guttuso, Schifano e Sanfilippo, um nur einige zu nennen. Im Sommer finden die Orestiadi statt, ein Theater-, Gedicht, Kunst-, und Musikfestival, das den avantgardistischen Charakter des Ortes weiterfuhrt.
Im Jahr 1968 zerstörte das Erdbeben des Belice-Tales Gibellina. Die Stadt wurde vollständig einige Kilometer entfernt wieder aufgebaut und es entstand somit das größte Freilichtmuseum der Welt. Zahlreiche Künstler trugen zum Wiederaufbau bei: In der Landschaft stehen Skulpturen und gewagte Architekten-Gebäude, die man beim Spazierengehen bewundern kann. Auch die Ruinen des Erdbebens wurden von Alberto Burri in ein Kunstwerk verwandelt. Sie wurden von einer enormen Betonschicht bedeckt, die Cretto genannt wird. Im Stadtmuseum zeitgenössischer Kunst kann man die Werke der bedeutendsten Künstler bewundern, die in Gibellina während des Wiederaufbaus gewirkt haben: Accardi, Consagra, Rotella, Guttuso, Schifano e Sanfilippo, um nur einige zu nennen. Im Sommer finden die Orestiadi statt, ein Theater-, Gedicht, Kunst-, und Musikfestival, das den avantgardistischen Charakter des Ortes weiterfuhrt.
Geschichte
Gibellina hat seinen Ursprung im Mittelalter, wie man aus der arabischen Bezeichnung Gebel (Berg) und Zghir (klein), also kleiner Berg erkennen kann. Von feudalem Besitztum Busecchio wurde es ein typisch ländlicher Ort, der sich auf fünf Hügeln ausdehnte, wie man auch am Stadtwappen erkennen kann, einem Turm auf fünf Hügeln. Das Erdbeben war ein eindeutiger Einschnitt in der Geschichte. In der Nacht vom 14. und dem 15. Januar 1968 wurde das bewohnte Zentrum dem Erboden gleichgemacht, und es wurden circa 130 Tote gezählt. Die Gemeinde Gibellina entschied, 18 km entfernt eine neue Stadt zu bauen, in einer Ebene, einem sicheren Gebiet in der Nähe der Eisenbahnlinie und der Ländereien der Bauern. Das neue Gibellina ist ein großes Freilichtmuseum mit Skulpturen und schmucken Gebäuden, die während des Wiederaufbaus vom damaligen Bürgermeister, Ludovico Corrao, geplant wurden, der große Künstler beauftragte, die weiten Plätze zu verschönern und den Bewohnern wieder eine Identität zu geben.
Landschaft
Auf dem steilen Abhang des Berges, auf dem sich das alte Gibellina befand, breitet sich eine riesige Decke weißen Zements aus – der Cretto con Alberto Burri –, ein außergewöhnliches Umwelt-Kunstwerk, das wie ein weißes Leichentuch die Trümmer der Stadt bedeckt. Durch seinen Standort im Süd Süd-Osten und den umfangreichen Proportionen ist es gut von den nahen Städten Salaparuta und Poggioreale, aber auch von weitem sichtbar. Der Eindruck, den es erweckt, wird durch den einzigartigen Gegensatz zu der rauen Umgebung, die teilweise mit ordentlichen Rebreihen auf den Hügeln bepflanzt ist, verstärkt. Das neue Gibellina – eine Art Stadt-Garten – erinnert, von oben gesehen, an das Profil eines riesigen Schmetterlings, der sich längs der Fahrbahn der nahen Autobahn gelegt hat. Auf der Straße, die nach Santa Ninfa führt, zeigt sich die Landschaft in ihrer vollen Pracht – sanfte grüne Ebenen, weite Täler und üppige Wälder wie der des Berges Finestrelle.
Natur
Die Landschaft mit dem Berg Finestrelle besteht ausschließlich aus gipshaltigen Böden. Der Berg ist keine einzelne Erhöhung, sondern gehört zu einer ausgedehnten Hochebene, die an den Seiten steil abfällt. Dieser Complesso Monti di Gibellina e S. Ninfa gehört zu den Gebieten GGB (Gebiet Gemeinschaftlicher Bedeutung). Auf den gipshaltigen Erhöhungen überleben noch Abschnitte mit Macchia mediterranea, die sich durch das Blühen der Euforbia arborea, Thymian und wild wachsende Orchideen auszeichnen. In den Tälern wuchert eine üppige Vegetation, die durch ihre Vielfalt besonders interessant ist. Die Fauna umfasst den Igel, die ortsspezifische sizilianische Spitzmaus, das Kaninchen, das Stachelschwein, den Wiesel und den Fuchs. Bei den Vögeln gibt es den Mäusebussard sowie die Nachtigall, den Eichelhäher und den kleinen Turmfalken, der bei der Jagd die typische santo spirito Position annimmt.
Religion
In Gibellina finden traditionsgemäß regelmäßig religiöse Feiern und Zelebrierungen statt. Von großem Interesse ist das Ereignis incontro con l´angelo, das sich am Ostermorgen zwischen den Statuen der Schmerzensmutter und des auferstandenen Christus abspielt und vom Flug der Tauben begleitet wird. Die Verehrung des heiligen Kruzifixes wird im Mai mit einer Prozession verdeutlicht sowie mit Aufsehen erregenden Umzügen von Reittieren, sizilianischen Wagen und des presente – einem langen schmalen Seidentuch, das an einer Seite an einen Stab befestigt wird und mit einem Bund getrocknetem Korn endet. Am 16. August feiert man den Schutzheiligen San Rocco mit Umzügen und folkloristischen Aufführungen. Zu Ehren von San Giuseppe werden mit cucciddata (Brotkringel) Votivaltare geschmückt, bei denen am 19. März drei Kindern, die li virgineddi genannt werden und die Heilige Familie darstellen, ein Mahl serviert wird.
Kunst
Das Neue Gibellina ist das größte Freilichtmuseum zeitgenössischer Kunst mit einer außergewöhnlichen Sammlung an Werken von großen Künstlern wie Carla Accardi, die die Keramikbilder Senza titolo, die sich unter dem Bogengang des Rathauses befinden, geschaffen hat; Nino Mustica, Schöpfer eines Brunnens; Mimmo Rotella, Autor des omaggio a Tommaso Campanella. Von Andrea Cascella ist der Brunnen aus Travertin-Marmor, der wie alle Skulpturen auf den Straßen ein Anhaltspunkt geworden ist, um sich im schmetterlingsförmigen Straßennetz zu orientieren. Die schneeweiße frontale Skulptur De Oedipus Rex, Citta di Tebe, theatralische Elemente des Ödipus Rex, die sich bei den Ruinen Gibellinas befindet, ist von Pietro Consagra, der als Bildhauer auch Tris, die Friedhoftore und die des botanischen Gartens erschaffen hat. Für die Veranstaltung Orestiadi hat Arnaldo Pomodoro zahlreiche Objekte für Bühnenbilder dargestellt wie den aratro (Pflug) für die Aufführung von Dido, die Königin von Karthago von Christopher Marlowe, der heute Teil der städtischen Einrichtung ist. Fausto Melotti hat die großen Skulpturen mit vereinzelten geometrischen Elementen mit dem Namen Contrappunto geschaffen wie auch das Werk Sequenze – eine Gesamtheit von fortlaufenden Platten in drei verschiedenen Lagen. Paolo Schiavocampo ist der Gründer von Una piazza per Gibellina, eine Bildhauergruppe aus mehreren Elementen mit verschiedenen Aufgaben. Turi Simeti experimentiert mit der Travertinsteinplatte – Impronta –, einer Veränderung des Kontextes und der Umgebung, um eine Pause im Raum hervorzurufen, während Salvatore Messina mit Tensioni den Raum dynamisch werden lässt und ihn Richtung Erneuerung steuert.
Archäologie
In die Gemeinde Gibellinas fällt das archäologische Gebiet des Berges Finestrelle, im Dialekt finestreddi, das aufgrund der Ähnlichkeit seiner Felsengräbern mit kleinen Fenstern so genannt wird. Die circa vierzig Grabstellen aus der späten Bronzezeit und den ersten Jahrhunderten des 1. Jahrtausend v. Chr. sind in die Felsen gehauen und nebeneinander in horizontalen Reihen auf mehreren Ebenen angeordnet. Sie bestehen aus einer rechteckigen oder halbkreisförmigen Grabzelle, der ein Vestibül vorausgeht. In der Nekropole sind einige Tonarbeiten gefunden worden, darunter zwei Schüssel mit beidseitigen Henkeln der Villanovakultur und eine Amphore, die im Archäologischem Museum Palermos ausgestellt sind. Oben auf dem Berg ist außerdem ein großer geometrisch dekorierter 40cm hoher Krater gefunden worden. Ausgrabungen, die in dem westlichen Teil des Berges durchgeführt wurden, haben die Reste einer kleinen prähistorischen Siedlung ans Licht gebracht..
Bauwerke
Das große Stahltor – Stella –, das von Pietro Consagra als Symbol der Wiederaufbaus nach dem Erdbeben entworfen wurde, heißt die Besucher der Stadt willkommen. Derselbe Künstler hat das erste Gebäude – Meeting - mit gekrümmten fortlaufenden Ebenen entworfen sowie das Theater, das noch unvollendet ist. Mittelpunkt der Stadt ist der Rathausplatz mit dem Gemeindegebäude, das von Alberto und Giuseppe Samonà und von Vittorio Gregotti entworfen wurde, dessen vertikale Hauptachse – Torre civica – von Alessandro Mendini aus Zement und Eisen besteht und aus zwei halben Kegeln geformt ist, aus denen zwei charakteristische bunte Flügel herausragen, die das Gebäude beleben. Das Projekt des Architekten Franco Purini zusammen mit Laura Thermes hat die Plätze miteinander verbunden und mit einem langen Bogengangzaun eingegrenzt. Für das „Haus des Apothekers“ wie für das Haus Pirello hat er auf experimentelle Art und Weise sowohl die städtischen Probleme als auch die Architektur berücksichtigt, indem er die rationelle Komponente mit Eindrücken aus der klassischen und sizilianischen Tradition verbunden hat. Francesco Venezia hat mit Palazzo Di Lorenzo ein intrigantes Museum-Haus geschaffen, das in seinem Innenhof die Fassade eines Gebäudes des Alten Gibellinas einbringt - ein Spiel zwischen innen und außen, Ruine und Moderne. Weitere eindrucksvolle Orte sind die zwei Giardini segreti von dem gleichen Architekt. Die Mutterkirche, von Ludovico Quaroni mit Luisa Anversa entworfen, die in der Sphäre das Universum, die Gesamtheit, das Göttliche und im Quadrat die menschliche Perfektion versinnbildlicht. Obgleich unvollendet hat sie die Qualitätsauszeichnung der Region Sizilien erhalten – die erste Auszeichnung, die einem zeitgenössischen Werk verliehen wurde und es wurde „von wichtigem künstlerischen Interesse“ erklärt, insofern „einzigartig in der italienischen Architektur.“
Museen, Wissenschaft, Didaktik
Das Museo Civico d´Arte Contemporanea, das sowohl in der nationalen als auch in der internationalen Kunstgeschichte einen wichtigen Platz einnimmt, beherbergt fast zweitausend Werke von circa sechshundert großen Künstler wie Guttuso, Pirandello, Accardi, Sanfilippo, und Rotella. Außerdem sind Entwürfe architektonischer Werke für Gibellina Nuova und des Cretto von Burri ausgestellt. Einzigartig ist Ciclo della natura mit zehn großen Gemälden von Mario Schifano, das den Kindern von Gibellina gewidmet ist und das vom Künstler 1984 vor Ort geschaffen wurde. Das renommierte Istituto di Alta Cultura Fondazione Orestiadi befindet sich in einem antiken restaurierten Baglio - Case di Stefano. Das sich im Herrenhaus befindende Museo delle Trame del Mediterraneo sammelt Objekte dekorativer Kunst, Kostüme, Schmuckstücke, Stoffe, Keramik und Kunstgegenstände von Völkern und Kulturen des Mittelmeergebietes. Das Ausstellungssystem ist einzigartig auf der Welt, da zeitgenössische Kunstwerke und Erzeugnisse materieller Kultur zusammen gebracht werden. Die imposante Struktur des Speichers beherbergt außerdem die Abteilung zeitgenössischer Kunst mit bedeutenden Werken, die von Künstlern der ganzen Welt gespendet wurden, die hier Werkstätten oder Ateliers besucht haben. Die Stiftung verfügt über die Bibliothek Empedocle mit über 5000 Werken, auch in anderen Sprachen, und über ein Centro di Documentazione Orestiadi (CDO), das Kataloge und Veröffentlichungen sammelt und überdies wissenschaftliche und verlegerische Aktivitäten, Initiativen für das Handwerk und Berufsbildungskurse fördert. Von anderer Art ist das ethnisch-anthropologische Museum beim botanischen Garten, das häusliche Umgebungen nachbildet und die Phasen der Verarbeitung des Korns, der Milch und des Weines dokumentiert.
Önogastronomie
Im Gebiet sind verschiedene Winzer von Qualitätsweinen ansässig, rote aus Nero d´Avola und weiße aus Catarratto und Grillo Trauben, die Anerkennung und Auszeichnungen in nationalen und internationalen Veranstaltungen erhalten haben. Mit dem Wein verbindet sich eine umfangreiche Produktion von Oliven, Obst, Weintrauben, Zitrusfrüchten und Getreide wie auch Käse und Wurstwaren, die nach traditionellen Methoden hergestellt werden. Eine echte Spezialität sind die Minze-Artischocken und nfigghiulata – ein mit Blumenkohl, Kartoffeln, Zwiebeln und Tomaten gefüllter Brotteig, der aufgerollt und in Scheiben geschnitten im Ofen gebacken wird. Zu San Martino werden mufulette zubereitet – weiche, mit wildem Fenchel aromatisierte Brötchen, die hervorragend warm mit Olivenöl schmecken. Zu San Giuseppe isst man die typischen pignolata– in kochendem Öl frittierte mit Honig bedeckte Mürbeteigstückchen. Das ganze Jahr über hingegen kann man mit Ricotta Käse gefüllte cassatelle genießen.
Veranstaltungen
Die renommierte Stiftung Orestiadi realisiert und produziert seit 1991 kulturelle Ereignisse von internationaler Bedeutung im Bereich des Theaters, der visuellen Künste, der Musik und der Poesie. Ein Mal im Jahr organisiert sie die Orestiadi, ein Prosa, Musik und Kunst Festival, dessen Name von der Triologie Orestie des Dichters Aischylos stammt, die von Emilio Isgrò neu geschrieben und interpretiert wurde und mit Bühnenbildern von Arnaldo Pomodoro 1983 zwischen den Resten des antiken Platzes Gibellinas aufgeführt worden ist. Es wechseln sich Foto- und ethnisch-anthropologische Ausstellungen, Tagungen über Probleme des Gebietes, Film-, Musik- und Poesieveranstaltungen, Seminare und Zusammenkünfte ab. Von Dezember bis April findet in den Räumen des Auditoriums des Stadtmuseums das Festival Gibellina d´inverno statt mit Theater- und Musikaufführungen, wohingegen Cinema sotto le stelle und Gibellina jazz die Sommerabende im Freien beleben.
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